Helmstedt. Tankrabatt, 9-Euro-Ticket und weitere Maßnahmen der Bundesregierung sind seit Donnerstag Geschichte, die Spritpreise haben längst wieder die Zwei-Euro-Marke durchbrochen. So umstritten viele Maßnahmen auch waren, das 9-Euro-Ticket wird mehrheitlich als Erfolg gewertet, wie auch der Verkehrsverbund Region Braunschweig (VRB) sagt.
Rund 300 000 verkaufte Tickets in drei Monaten: Das 9-Euro-Ticket war auch in unserer Region der Renner. Laut VRB stieg die Nachfrage besonders in den Freizeitgebieten und am Wochenende. Die Busse in den und im Harz seien ebenso gut gefüllt gewesen wie beispielsweise an die Seen im Landkreis Gifhorn, teilt der Verbund mit.
Neue Pendler oder Berufstätige, die das Ticket regelmäßig nutzten, wurden dagegen seltener angetroffen. „Im Harz haben berufstätige Fahrgäste teilweise eher Abstand genommen mit dem Bus zu fahren, weil diese regelmäßig mit Freizeit-Fahrgästen ausgelastet waren, vor allem in den niedersächsischen Sommerferien“, so der VRB. Wie überall hat auch in der Region die Auslastung der Fahrzeuge deutlich zugenommen, allerdings wurden nur in Ausnahmefällen die Kapazitäten überschritten.
Insgesamt sehen die 19 Verkehrsunternehmen im VRB das Experiment 9-Euro-Ticket aus Sicht der Fahrgäste sehr positiv. „Nahezu jeder Mensch in der Region hat vom 9-Euro-Ticket gewusst, Tausende haben es genutzt“, betont VRB-Geschäftsführer Jörg Reincke. „Die hohen Nutzerzahlen zeigen zudem, dass die Bürgerinnen und Bürger bereit sind, den ÖPNV als Alternative ins Auge zu fassen, sofern die Rahmenbedingungen attraktiv sind“, ergänzt Geschäftsführer Ralf Sygusch.
Beide Geschäftsführer sind sich mit den Verkehrsunternehmen einig: Neben dem Preis war auch die Einfachheit der Nutzung entscheidend. Insofern sei die Politik nun gefordert, einen attraktiven ÖPNV dauerhaft sicherzustellen und zu finanzieren, hierzu gehöre vor allem ein gutes und vernetztes Angebot in allen Regionen. Wir haben die Landtagsabgeordneten aus Helmstedt gefragt, wie sie die Maßnahmen der Bundesregierung bewerten.
Veronika Koch (CDU): „Der sogenannte ‚Tankrabatt‘ hat seine Wirkung verfehlt. Grundsätzlich ist es der richtige Schritt, Verbraucherinnen und Verbraucher in Zeiten steigender Energie- und Lebensmittelpreise zu entlasten. Insbesondere für den ländlichen Raum ist es ein wichtiges Signal, da wie im Flächenlandkreis Helmstedt viele Menschen weite Strecken zur Arbeit zurücklegen müssen. Allerdings war es mehr als fragwürdig, ob die Mineralölkonzerne die Einsparungen wirklich eins zu eins an die Endkunden weitergegeben haben. Das Fazit des ‚9-Euro-Tickets‘: die Erreichbarkeiten mit dem ÖPNV muss gerade auf dem Land besser werden. Wem nützt ein günstiges Ticket, wenn eh kein Bus fährt? Wir müssen mehr in die Infrastruktur investieren, um bessere Angebote sowie eine höhere und verlässlichere Taktung von Bus und Bahn zu ermöglichen. Die Bahn und die ‚Öffis‘ sind für eine deutliche Reduktion des Individualverkehrs zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht ausgelegt. Hier gibt es ganz klar auch ein Stadt-Land-Gefälle. Ich sehe zudem, dass wir wegkommen müssen von einem Tarif-Flickenteppich in unserem Land.“

Jörn Domeier (SPD): „Das 9-Euro-Ticket war für etliche Personen aus dem Landkreis Helmstedt ein Erfolg. Besonders für Personen, die bereits vorher ein Jobticket hatten oder mit dem Zug in den Urlaub wollten, hatte das Ticket seine Wirkung, der günstigere Preis und die einfache Handhabung ohne Tarifdschungel und dann sogar bundesweit, hat auch viele Helmstedter neu in den ÖPNV gebracht. Es bleibt für mich aber beim Zweiklang aus Preis und Taktung (Qualität). Hier ist im LK Helmstedt noch deutlich Luft nach oben. Etliche Verbindungen und die Taktungen sind nicht so, dass auf ein Auto verzichtet werden kann. Gerade die Dörfer haben da das Nachsehen. In meinem eigenen Ferienprogramm haben wir das Ticket oft genutzt. Für die Personen vom Dorf ging es nicht ohne gesonderte Hilfe. Daher wünsche ich mir eine Fortsetzung des Tickets wie sie zur Zeit diskutiert wird, bei gleichzeitiger Verbesserung der Qualität. Dies kann aber nur mit Landes- und Bundesmittel passieren.“

„Bürger und Unternehmen sind in der aktuellen Krise stark belastet. Mit dem 9-Euro-Ticket, dem Tankrabatt, der Energiepauschale, der Abschaffung der EEG-Umlage, der Erhöhung des BAföG, der Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrages, der Anhebung der Minijob-Grenze auf 520 Euro und mit einem Hilfspaket für energieintensive Unternehmen hat die FDP im Bundesfinanz-, Bundesverkehrs- und Bundesbildungsministerium auf diese Krise verantwortungsvoll reagiert. Ab dem 1.9.2022 braucht es weitere Entlastungen, zum Beispiel in der Einkommenssteuer über den Abbau der kalten Progression. Ich erwarte zudem eine Offenheit in der Koalition zu einem Energiepreisdeckel, die Rücknahme der Gasumlage und eine Folgeregelung für das 9-Euro-Ticket, das auch eine Maßnahme zur Überwindung der kleinteiligen Tarifstrukturen im ÖPNV der Region darstellt.“
