6. August 2022
Wirtschaft

Klimawandel? Für Bottkes eine Frage des Handelns

Mit Photovoltaik auf dem Dach und einer Neuausrichtung fährt das Autohaus Bottke in eine klimaneutrale Zukunft

Heinz (l.) und Christian Bottke im Herzen der PV-Anlage. Hier wird der Strom gewandelt, damit er genutzt und eingespeist werden kann. Foto: Erik Beyen

Helmstedt. Wenn Christian Bottke und sein Vater Heinz auf den Stromzähler schauen, entspannt sich ihr Gesicht. Die beiden Herren vom gleichnamigen Autohaus in Helmstedt haben sowohl betrieblich als auch privat alle Weichen auf CO2-Neutralität gestellt.

Auf dem Dach der Werkstatt arbeitet eine gewaltige Photovoltaikanlage ganz im Sinne der Kfz-Meister. Sie erzeugt soviel Strom, dass ihr Energieversorger inzwischen einen monatlichen Abschlag für den Strom vom Dach der Bottkes zahlt. Die beiden Enthusiasten erlaubten einen genaueren Blick hinter die energetischen Kulissen.

Bei der Gelegenheit fällt auf: So groß der Schritt hin zu PV-Anlage auf dem Dach war, er ist letztlich eine von vielen klugen Entscheidungen, mit denen die Bottkes betriebswirtschaftlich wie auch in Sachen Klimaschutz auf der Überholspur fahren.

Es ist sieben Uhr am Morgen. Die Sonne gibt schon wieder alles. Noch ist nicht viel los auf den Hebebühnen in der Werkstatt. Aber auf dem Flachdach des Gebäudes. Dort sind 83 Photovoltaikmodule montiert, hocheffektive, die sogar mit diffusem Licht Strom produzieren können. Etwa 29,55 kW/h können sie leisten. Drei Wechselrichter sorgen für die Gleichrichtung des Stroms, damit der in erster Priorität direkt verbraucht werden kann. Der Überschuss landet in einem 20-kW/h-Akkuturm. Ist der voll geladen, speist die Anlage den Strom in das öffentliche Netz. An diesem frühen Morgen sind es bereits 1,7 kW/h, die die Anlage produziert hat. Die Wechselrichter und der Akku stehen in einem speziellen und sicheren Raum. Brandschutz ist auch bei der Stromerzeugung wichtig.

Nebenan macht sich der 28 Jahre alte Kfz-Mechatroniker und Hochvoltmechaniker Kai Schmidt für den Tag bereit. Er darf an Anlagen mit mehr als 60 Volt arbeiten. Dafür hat er sich zusätzlich qualifiziert, Prüfungen inbegriffen. Und das war auch nötig, denn Schmidt ist für die E-Flotte der Post in Wolfsburg, Helmstedt, Königslutter, Schöningen und Schöppenstedt zuständig. 200 bis 250 Fahrzeuge bekommt er im Durchschnitt jährlich unter die Augen. 40 kW/h hat jede Batterie in den Autos. Routine? „Nein, auf gar keinen Fall. Sobald das eintreten würde, kommen Fehler auf. Jedes Auto ist anders, und es gibt immer wieder andere Fehler“, sagt er, der auch die Batterien reparieren und instand setzen darf. „Seit zwei Wochen sind wir dafür zertifiziert“, so Schmidt. Bislang mussten die Batterien einzeln nach Aachen gefahren werden. Damit ist Schluss. Die Post spart Kosten und verbessert so ihre CO2-Bilanz.
In der Reparaturannahme riskieren Christian Bottke und sein Vater Heinz einen Blick auf die App der Photovoltaikanlage auf dem Dach. Sie verrät und merkt sich alles, etwa die Werte für den Juli. 1,84 Megawatt sind da vom Dach gekommen. Dem Ertrag stehen, 1,13 Megawatt Verbrauch gegenüber. 842 kW/h haben sie in das öffentliche Netz eingespeist. Ein Kurvendiagramm zeigt minutiös Verbrauch, Eintrag, Zukauf aus dem Netz und Einspeisung in selbiges. „Tatsächlich müssten wir ohne Akku deutlich mehr Strom einkaufen“, so Christian Bottke. Dann würde auch die CO2-Bilanz nicht derart beeindruckend ausfallen: Im Juli haben die Bottkes 1274 Tonnen CO2 eingespart. Das entspricht dem Wert, der bei 182 002 Handyladungen zusammenkommt. Natürlich sei dieser Wert der aktuellen Wetterlage zu verdanken, aber: „Es lohnt sich so oder so. Wir haben selbst bei vereisten Platten im Winter noch Strom produziert“, erklärt Bottke Junior. Wichtig ist aus seiner Sicht: „Das müsste deutlich stärker gefördert werden.“

Ganz günstig ist die gewaltige Anlage auf dem Dach nicht: Um die 60 000 Euro an Investition stecken in ihr. Hinzu kam bei den Bottkes die Sanierung des Flachdaches. „Jetzt haben wir alle Dächer durch und 30 Jahre Ruhe“, lacht Heinz Bottke. Auch die Statik musste noch einmal geprüft werden. In etwa 10 bis 15 Jahren wird sich die Investition amortisiert haben. Da sind sich die Herren sicher. Die richtige Entscheidung war es, denn: „Die Preise für Strom steigen weiter“, so Christian Bottke. „Wir sind aber auch bis zur Grenze des Machbaren gegangen“, so Heinz Bottke. Für Anlagen über 30 kW/h gibt es demnach deutlich strengere Auflagen. Letztlich sind es, so sehen sie das, die Entscheidungen zur rechten Zeit: Zuwendung zur E-Mobilitäts-Kompetenz, und zwar in aller Konsequenz, Produktion des eigenen Stroms, auch das in aller Konsequenz, ohne dabei die klassischen Leistungen einer Kfz-Werkstatt zu vernachlässigen. Denn auch junge wie alte Verbrenner brauchen hin und wieder die Werkstatt.

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