25. Dezember 2021
Allgemein

Kunden zwischen hü und hott

Verbraucherzentrale zieht Resümee des Jahres – Was ärgerte, was klappte?

Maximilian Gehr und Petra Wolf von der Verbraucherzentrale Niedersachsne, Standort Braunschweig. Foto: Birgit Wiefel

Region. Reisen, Fitness, Online-Handel – auch im zweiten Jahr der Pandemie wurde vieles durcheinandergewirbelt, haben sich Trends verstärkt. Das Tempo der Entwicklung und die Änderungen im Wochentakt ließen Verbraucher oft ratlos zurück. Wir haben uns mit Maximilian Gehr und Petra Wolf von der Verbraucherzentrale Niedersachsen, Standort Braunschweig, unterhalten. Was hat Kunden in diesem Jahr am meisten beschäftigt?

„Die größte Aufregung verursachte eine Fitnesskette, die sehr kurzfristig ihre Beiträge um 50 Prozent erhöhte“, sagt Petra Wolf. „Ein einzigartiges Vorgehen“, staunt selbst die Fachfrau der Beratungsstelle im Langen Hof, denn: Was der Fitnessanbieter mit Filialen in der ganzen Region seinen Mitgliedern da ohne Vorwarnung und von jetzt auf gleich per E-Mail zukommen ließ, war nichts anderes als eine einseitige Vertragsänderung, auf die die Kunden gar nicht so schnell reagieren konnten. „In diesem Fall hatten sie das Recht zur außerordentlichen Kündigung – von dem am Ende viele auch Gebrauch gemacht haben“, so Wolf.

Petra Wolf hat durchaus Verständnis für die schwierige Lage der Fitnessbranche. „Sie konnte erst im Sommer wieder durchstarten, darf bis heute die Flächen nicht zu 100 Prozent auslasten“, sagt sie. Sieht aber gleichzeitig neuen Zündstoff für Anfang 2022 voraus. „Mitglieder, die trotz Schließung weiter ihre Beiträge zahlten, erhielten von den Clubs zum Teil Wertgutscheine als Gegenleistung. Die nicht eingelösten Beträge müssten eigentlich am 1. Januar ausgezahlt werden“, sagt Wolf, verweist aber darauf, dass es dazu noch kein rechtskräftiges Urteil gibt. „Das wird sicher zu Diskussionen führen.“

Reisen

Mehr Diskussionen gibt es auch in der Reisebranche. Stornieren oder nicht: Was 2020 rechtlich noch relativ klar war, hängt inzwischen vom Einzelfall ab.
„Im vergangenen Jahr gab es eindeutige Reisewarnungen, Flüge wurden ad hoc gestrichen, Tourismusbetriebe mussten von jetzt auf gleich schließen“, zählt Petra Wolf auf. Unter diesen Umständen waren Stornierungsfälle relativ klar.
Inzwischen ist die Pandemie kein plötzlich hereinbrechendes Unheil mehr, „man konnte 2021 damit rechnen“, gibt Wolf zu Bedenken. Jetzt gilt: Wie ist die Situation im Urlaubsland zum gebuchten Termin? Können alle Leistungen stattfinden? Gibt es am Urlaubsort Beeinträchtigungen, die einen normaler Tagesablauf nicht möglich machen? Und reicht all das, um eine Reise kostenlos stornieren zu können oder den Reisepreis herunterzuhandeln? „Zu vielen Fragen gibt es noch gar keine Rechtssprechung, was es für die Verbraucher nicht einfacher macht“, so Wolf. Immerhin: Einige Reiseveranstalter böten inzwischen die Möglichkeit an, kurzfristig und sogar kostenfrei zu stornieren. „Auch hier sollte man allerdings auf das Kleingedruckte achten“, so Wolf.

Online-Handel

Und noch etwas hat sich geändert: Das Kaufverhalten. Der Trend zum Online-Shopping hält an, damit hat aber auch die Zahl der Fake Shops und der sogenannten „Waren aus Fernost“ zugenommen. Nicht zur Freude der Verbraucherschützer. „Fake Shops existieren nicht. Wer auf sie hereinfällt, bekommt die bestellte Ware nie geliefert, hat aber in der Regel schon dafür bezahlt“, weiß Wolf. Bei den sogenannten „Waren aus Fernost“ werden angeblich hochwertiger Schmuck, ausgewählte Bekleidung und die neuesten Elektroartikel angeboten. Was dann allerdings geliefert wird, ist billigster Schund. „Es sind die Schnäppchenangebote, die so verlockend sind“, sagt Wolf. Dabei würde schnell übersehen, dass es oft keine Rücksende- oder Widerrufsadresse gäbe. „Oder das Paket lässt sich zurückschicken, aber auf den Käufer kommen saftige Portokosten für Asien und Zölle hinzu“, warnt Wolff. Dazu würden zwischengeschaltete Inkassounternehmen wie Klarna auf der Bezahlung bestehen, egal ob die Ware minderwertig sei oder nicht, so Wolf.

Versicherungen

Nicht alles wurde 2021 von Corona dominiert. Beispiel: Versicherungen – und der Ärger um sie, wenn es wirklich auf sie ankommt. „Es ist ein Problem, das die Verbraucherzentralen schon länger beschäftigt“, ordnet Maximilian Gehr von der Beratungsstelle Braunschweig ein und sieht als Ursache das Provisionssystem. „Verkauft wird, was sich für den Verkäufer lohnt und nicht unbedingt für den Kunden.“ Bitter sei das zum Beispiel im Falle von Berufsunfähigkeit. „Da werden jahrelang Beiträge eingezahlt und dann ist eine Angabe ungenau und führt dazu, dass die Versicherung nicht zahlt“, berichtet Gehr aus seiner Arbeit.

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