2. April 2021
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Passion als persönliche Ostererfahrung

Evangelische Gemeinden des Pfarrverbandes Aller bieten noch bis Ostermontag den Osterweg

In St. Andreas, Velpke, fühlt sich jeder willkommen, wird aber unweigerlich an den Anfang des Leidensweges Jesu erinnert. Die Selbstreflexion beginnt. Foto: Archiv

Velpke. Es ist das zweite Osterfest, das die Christen anders feiern als sie es kennen. Die evangelischen Kirchen in Velpke, Groß Twülpstedt, Meinkot, Grafhorst und Nordsteimke, sie gehören zum Pfarrverband Aller, laden noch bis Ostermontag täglich von 10 bis 18 Uhr zum Osterweg in fünft Stationen ein.

Schon in St. Andreas in Velpke, der ersten Station, die Salbung, passiert es: Wer den von Schmetterlingen gesäumten Weg zum Gotteshaus geht, fühlt sich willkommen. Irgendwer klopft da an die Tür zum Herzen, und dieses Klopfen wird mit Betreten des liebevoll geschmückten Gotteshauses deutlicher. Leise Musik streichelt die Seele, der Gang zum Altarraum erinnert an Jesu Weg nach Jerusalem. Palmsonntag, der Tag seines Einzuges auf dem Rücken eines Esels, gesäumt von Menschen, die Gewänder und Palmenzweige vor ihm ausbreiten, zeichnet den Beginn des Leidens bis hin zum Tod. „Du bist wertvoll“, sagen Karten auf einem kleinen Tisch im Altarraum. Dort stehen kleine Ampullen mit Salbungsöl zum Mitnehmen. Auf großen Stellwänden laden Fragen zu einer ersten Reflexion ein, etwa: „Was ist für dich wertvoll?“ Gedanken beginnen zu kreisen.

Die zweite Station befindet sich auf dem Kirchberg in Groß Twülpstedt. Dort im Schutz der Kirche begegnen die Besucher der Passionsgeschichte nach Markus, dem letzten Abendmahl, Jesu Rückzug auf den Ölberg, die letzen drei Stunden im Garten Gethsemane und seine Gefangennahme. Holzspäne weisen den Weg, Szenen aus abstrakten Holzfiguren malen den Kern der Geschichte. Der Garten ist dem Labyrinth von Chartres nachempfunden.

In Meinkot, der dritten Station, geht es um die Verleugnung und Verurteilung. Dort begegnen wir Heidi und Gerd Friedrich. „Hier wird der Leidensweg Jesu vor Augen geführt“, meint Heidi Friedrich, die zugleich eine Form der Identifikation mit der Reaktion und dem Handeln der Menschen damals wahrnimmt. Erkennen des Verrats am Nächsten? Darauf zielen die Fragen an den Stellwänden, es geht um Verrat, Vorurteile und Vorverurteilung. Eine harte Station ist das, denn dort schaut man in einen zunächst nicht sichtbaren Spiegel. Wer sich hier aber genug Zeit nimmt und den Blick auf die andere Seite der Stellwände wagt, wird vor das eigene Ebenbild gestellt, die Kombination aus Spiegelbild und Fragen löst unweigerlich eine Selbstreflexion aus.

In Grafhorst, der vierten Station, endet unser Weg diesmal: Kreuzigung. Auf einem Tisch neben einem Holzkreuz im Gotteshaus liegen kleine Hämmer und Nägel. Mit ihnen haben Besucher schon Sorgen, Nöte und Gedanken, auf Karten festgehalten, ans Kreuz genagelt. Als forderten sie Jesus auf, all diese mitzunehmen, die Angst um einen lieben Nächsten, den Ärger über Dummheit und Ignoranz, etwa.

In Grafhorst fühlt man Traurigkeit, Wut, Ohnmacht und die Bitte nach Erlösung. Das wäre die fünfte Station in Nordsteimke. Infos: aller.pfa@lk-bs.de.

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