26. Februar 2021
Topstory

„Wir fangen wieder bei null an“

Ab Montag öffnen die Friseure – Annette Peters erzählt von der Lockdown-Zeit

Telefon statt Schere: Der Andrang bei Annette Peters ist riesig. Fotos (2): Andreas Konrad

Region. „Seit dem Tag der Verkündung, dass wir wieder öffnen dürfen, steht das Telefon nicht mehr still“, erzählt Annette Peters. Die Friseurmeisterin betreibt den Salon Top Hair in der Braunschweiger Kastanienallee und freut sich wie alle Friseure in der Region, ab Montag endlich wieder arbeiten zu dürfen. Und das theoretisch rund um die Uhr. In dieser Woche hat sie die letzten Vorbereitungen für den Restart ihres Geschäftes getroffen, zusammen mit ihren beiden Mitarbeiterinnen telefonisch Termine vereinbart.

„Nach nur wenigen Stunden war der halbe März schon vergeben“, berichtet sie von dem erwartet hohen Andrang. „Wir werden auch direkt am Montag öffnen und sicher auch die eine oder andere Überstunde machen, aber wir schaffen es nicht, gleich zu Beginn alle Kundenwünsche zu befriedigen.“ Schließlich solle vor allem auch die Qualität erhalten bleiben.

Anders als beim Frühjahrs-Lockdown sei das Auftragsbuch dieses Mal vollkommen leer. „Zweieinhalb Monate im Voraus hat sich niemand einen Termin geben lassen, sodass wir jetzt mehrere Hundert Kunden unterbringen müssen. Wir fangen wieder bei null an“, sagt die 54-Jährige. Und das nicht nur in planerischer Hinsicht, auch wirtschaftlich hat der erneute Lockdown tiefe Spuren hinterlassen.

„Nach dem ersten Lockdown, dachte ich nicht, dass es noch einen zweiten geben wird. Und vor allem nicht, dass dieser viel heftiger werden könnte“, so Peters, die ihren Salon seit 28 Jahren betreibt.

Im Frühjahr seien die Hilfen relativ schnell gekommen. Im Gegensatz zur aktuellen Situation: „Mein Steuerberater hat am 8. Januar die Hilfen für Dezember beantragt. Die Hälfte davon habe ich Ende Januar erhalten.“ Und darin sind nur anteilig die Fixkosten für den Salon enthalten. „Mein privater Lebensunterhalt wird gar nicht berücksichtigt“, fühlt sie sich von der Politik im Stich gelassen. Selbst das Kurzarbeitergeld für ihre beiden Mitarbeiterinnen müsse sie jeden Monat vorstrecken.

Und dennoch blickt sie positiv nach vorne. „Wir haben auch viel Aufmunterung von Kunden erfahren und selbst nach über 30 Jahren lieben wir unseren Beruf noch.“ Wegen Corona brauche sich übrigens niemand Sorge zu machen, so die Salon-Chefin. „Unser Hygienekonzept ist ja erprobt – während der ganzen Zeit zwischen den Lockdowns hat sich bei uns nachweislich niemand infiziert“, sagt sie. Das Tragen einer Maske, Abstände, Schutzwände und Desinfektion seien selbstverständlich.

Das Hygienekonzept steht: Um Abstände einhalten zu können, baut Annette Peters einen Stuhl ab.

Das könnten Mitarbeiterinnen in Nagelstudios oder Kosmetiksalons auch. Warum dürfen Friseure wieder öffnen und eben genannte nicht, wollen wir wissen? „Ich glaube, frisierte Haare gehören zur Körperpflege, Nägel oder Kosmetik hingegen fallen eher in den Bereich des Wohlbefindens, medizinische Behandlungen natürlich ausgenommen“, sieht Peters keine direkte Ungleichbehandlung.

Aber sie verstehe natürlich, dass die Menschen sich diese Fragen stellten. „Wir müssen jetzt am Telefon schon viele Emotionen puffern, die Menschen sehnen sich wieder nach Leben. Am Ende haben wir uns den Lockdown aber am wenigsten gewünscht. Wir werden jetzt versuchen, in aller Ruhe unsere Kunden zu bedienen“, wirbt sie um Verständnis, dass nicht jeder in den ersten Wochen einen Termin erhalten kann. Derweil klingelt das Telefon weiter.

Annette Peters und ihren Mitarbeiterinnen stehen jetzt besonders arbeitsreiche Wochen ins Haus, darauf freuen sie sich.

Und was, wenn der dritte Lockdown kommt? „Natürlich macht man sich Gedanken um seine Existenz. Wenn ich sehe, dass der zweite Lockdown wesentlich härter als der erste war, muss ich momentan sagen, dass beim dritten wahrscheinlich Schluss ist.“

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