6. Januar 2019
Allgemein

Liebe auf den zweiten Blick

Für Tito, Jetty und all die anderen soll das Tierheim nicht die Endstation bleiben

Friederike Braak mit der Jagdhündin Jetty, die total lieb ist, aber keine Erfahrung als Wohnungshund hat. Korth

Braunschweig. Weihnachten ist längst vorbei, nur im Braunschweiger Tierheim nicht. Da sind auch nach den Festtagen liebe Menschen mit Kissen und Kuscheldecken unterm Arm und Paletten voller Dosenfutter vorbeigekommen. „Die Menschen hier in Braunschweig halten uns die Treue, das ist nicht überall so.“ Tierheimleiterin Verena Geißler ist dankbar für die Unterstützung und die Spenden aus der Bevölkerung. In manchen Zeiten stehen mehr Freiwillige bereit, als Hunde, die ausgeführt werden sollen. „Es ist schrecklich, wenn ich dann jemand wegschicken muss“, sagt Verena Geißler. Im Vergleich zu Tierheimen anderswo ein Luxusproblem.

Die gute Vermittlungsquote wäre ohne die Menschen, die sich bewusst für ein Tier aus dem Tierheim entschließen, nicht möglich. Und so kann sie hoffen, dass es auch für diejenigen, die schon lange im Tierheim sind, doch noch den „richtigen“ Menschen gibt. Viele Familien richten sich bei der Hundewahl allein nach der Optik. Ein Fehler, dessen Folgen oft genug die Tiere zu tragen haben. Verena Geißler sieht jeden Tag in die erwartungsvollen Augen der Hunde in den Zwingern, aber sie kann schließlich nicht alle mit nach Hause mitnehmen.

Ein Neuzugang kam gleich am ersten Weihnachtsfeiertag. „Ob es wirklich ein Fundhund ist ­– das können wir nicht wirklich nachprüfen.“ Jedenfalls ist der Hund nicht vermisst gemeldet worden. Die Kleintiere – Meerschweinchen, Mäuse, Kaninchen und so – die werden erst im März gebracht. „Dann ist der Reiz des neuen Weihnachtsgeschenkes weg und die Eltern merken, dass die Pflege der Tiere nun an ihnen hängenbleibt“, sagt Verena Geißler. Sie kann sich an einen Fall erinnern, als eine junge Frau einen Hund abgab mit den Worten: „Den habe ich geschenkt bekommen, aber ich weiß gar nicht, was ich mit einem Hund anfangen soll“.

Zum Glück sind da auch die gegenteiligen Beispiele. So nimmt die Zahl der Katzenbabys im Tierheim stetig ab. Früher seien es in jedem Jahr um die 120 gewesen, jetzt noch 20. „Das kann sich schnell wieder ändern, aber grundsätzlich ist da ein Trend zu erkennen.“ 2014 trat die Kastrationsverordnung in Braunschweig in Kraft, schon seit 2007 kümmert sich auch das Tierheim darum, Katzen zu kastrieren. Anfangs waren es um die 100 Kastrationen im Jahr, doch es werden immer weniger. Es scheint, als würden die Bemühungen langsam Früchte tragen.

Andere Trends halten sich dafür umso hartnäckiger. Und deshalb kaufen sich Leute weiterhin Kornnattern und andere Reptilien, ohne sich Gedanken über deren Haltung oder Fressgewohnheiten zu machen. „Schlangen werden groß und alt“, sagt Verena Geißler. Der Reptilienraum im Tierheim ist voll. Zuletzt hatte ein zweiter Kühlschrank angeschafft werden müssen, damit die Landschildkröten unter gesicherten Bedingungen ihre Winterruhe halten können. „Diese Tiere stehen unter Artenschutz, haben aber keine Papiere, wir dürfen sie nur an zoologische Einrichtungen weitergeben“, erläutert die Tierheimleiterin. Doch nur selten wird dort einmal ein Platz frei.

Ein anderes Problem wird in diesem Jahr angegangen: Ein altes Hundehaus wird zur Quarantänestation umgebaut. Zuletzt hatte das Tierheim im November vom Zoll beschlagnahmte Hundewelpen aufnehmen müssen. Impfpapiere hatte niemand für die Tiere dabei, auch nicht für die Hunde, die auf dem Schützenplatz aus dem Kofferraum heraus verkauft oder von Bettlern in der Stadt angeboten werden und schließlich im Tierheim landen. Bis zu drei Monate Quarantänezeit sind notwendig, um auszuschließen, dass die Tiere nicht Tollwut oder andere Krankheiten haben. „Auch wir müssen mit der Zeit gehen“, sagt Verena Geißler.

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